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Sehr zum Wohl – mit Blutwurz-Likör!

in Gartenfachberatung

Kräuterapotheke im Kleingarten

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Als zwischen 1347 und 1349 der „schwarze Tod“ Europa heimsuchte, soll ein Vögelchen den Bewohnern im badischen Wiesental im Südschwarzwald ein Heilmittel gegen die Krankheit verraten haben. Der Sage nach habe es ihnen vom Himmel folgenden Rat zugezwitzschert: „Aesst Durmedill und Bibernell, sterbt nüt so schnell.“ Mit Durmedill ist hierbei der Blutwurz gemeint.

Vor der Pest schützen konnte das Kraut indes nicht, dennoch wird der Blutwurz (Potentilla erecta) seit dem Mittelalter gegen allerlei Leiden eingesetzt. Bereits die alten Griechen und Römer zur Zeit der Antike haben eine im Mittelmeerraum beheimatete Art mit ähnlichen Eigenschaften – das Kriechende Fingerkraut (Potentilla reptans) – genutzt. Dabei geht der Name Blutwurz auf den blutroten Saft zurück, der beim Anschnitt der Rhizom-Knolle austritt. Gemäß der mittelalterlichen Signaturenlehre sollte die Pflanze dadurch blutstillend wirken. Heute weiß man, dass diese Eigenschaft nicht auf den Blutwurz zutrifft. Dafür sorgen die enthaltenen Gerbstoffe für eine entzündungshemmende, austrocknende und adstringierende Wirkung.

Blutwurz liebt den Halbschatten, aber auch sonnige Standorte machen dem Kraut nichts aus. Foto: Tigerente, CC BY 2.5

Blutwurz - krautige Pflanze mit Rhizomen

Mit einem Anteil von bis zu 30 Prozent weist der Blutwurz unter den mitteleuropäischen Pflanzen die höchste Gerbstoff-Konzentration auf. Diese macht ihn zu einem wirksamen Mittel gegen Magenleiden und unspezifische Durchfallerkrankungen. Aber auch bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum und des Zahnfleischs sowie bei Verbrennungen der Haut. Zudem soll eine Blutwurz-Tinktur gegen Hämorrhoiden helfen. Die vielfältigen Wirkungen haben dem Kraut den Titel „Arzneipflanze des Jahres 2024“ eingebracht.

Die Pflanze selbst ist eher unscheinbar und wird in der Regel nur bis zu 30 cm hoch. Auch wenn der Blutwurz als „Aufrechtes Fingerkraut“ bezeichnet wird, lässt sich der kriechende Charakter nicht verleugnen. Die gezahnten Blätter sind dreizählig, wirken durch die beiden Nebenblätter am Stängel jedoch eher fünfzählig. Zwischen Mai und September blühen kleine leuchtend gelbe vierblättrige Schalenblüten von ca. 1 cm Durchmesser. Durch diese lässt sich der Blutwurz auch gut von anderen Fingerkräutern unterscheiden, deren Blüten meist fünf Blütenblätter aufweisen. Charakteristisch für den Blutwurz ist jedoch die Wurzelknolle, die den typischen roten Anschnitt zeigt. Dabei wird das Rhizom bis zu 3 cm dick und überdauert im Winter ohne besonderen Schutz in der Erde, um im Frühjahr neu auszutreiben.

An den Standort stellt der Blutwurz keine besonderen Ansprüche, bevorzugt jedoch nährstoffärmere, trockene bis wechselfeuchte Böden mit leicht saurem pH Wert. Die Pflanze kommt wild in Heiden, auf Magerwiesen und in Mooren vor, ist aber auch in Mischwäldern, unter Gebüschen und auf Feuchtwiesen zu finden. Halbschatten ist ideal, aber auch ein sonniger Standort macht dem Kraut nichts aus. Im heimischen Kleingarten lässt sich Blutwurz entweder als Jungpflanze im Frühjahr setzen oder per Samen aussähen. Aufgrund der kaltkeimenden Eigenschaften der Blutwurz Samen sollte die Aussaat im zeitigen Frühjahr oder im Herbst erfolgen, wenn die Temperaturen noch nicht oder nicht mehr zu hoch sind.

(1) Das Rhizom der Blutwurz übersteht die kalte Jahreszeit ungeschützt und unbeschadet in der Erde. (2) An den langen, verzweigenden, häufig aufrecht stehenden Stängel des Blutwurz werden in den Blattachseln leuchtend gelbe etwa 1 cm grosse Blüten gebildet. Fotos: Wolfgang Frisch/CC BY-SA 3.0, Philipp Weigell/CC BY 3.0

Hilft Blutwurz bei Magen-Darm-Beschwerden?

Der hohe Gehalt an Gerbstoffen (Tannine) besteht bei Blutwurz vorrangig aus CatechinTanninen, Gallo-Tanninen und Ellagi-Tanninen. Außerdem sind Flavonoide, ätherische Öle, Sarponine, Phenolkarbonsäure, verschiedene Harze und das Glykosid Tormentillin enthalten. Für die blutrote Färbung ist der Farbstoff Tormentol verantwortlich – ein Esterglucosid der Tormentillsäure. Darauf bezieht sich auch der alte botanische Name Tormentilla erecta, den Carl von Linné prägte.

Für die Nutzung als Heilkraut wird das Rhizom im Frühjahr oder Herbst ausgegraben und gereinigt, von den Wurzelanhängen befreit und getrocknet. Zerkleinert und als Tee getrunken oder als Tinktur aufgetragen wirkt der Blutwurz gegen Durchfall, Magenbeschwerden, Entzündungen im Mund- und Rachenraum und auf der Haut sowie bei leichten Verbrennungen und kleinen Wunden. Dabei bilden die Inhaltsstoffe eine Art Schutzschicht, die das Eindringen von Keimen in die Schleimhaut erschwert und kleinere Wunden abdichtet. In der Frauenheilkunde gehört Blutwurz zudem zu den Kräutern, die bei einer starken Menstruationsblutung helfen sollen.

Vor allem die Wirkung bei Magenbeschwerden hat dazu geführt, dass der Blutwurz im Bayerischen Wald und den Alpenregionen als beliebter Verdauungsschnaps nach dem Essen gereicht wird. Außerdem schwört so mancher darauf, dass auch der Schnaps gegen Durchfall helfe oder – äußerlich aufgetragen – sogar Fußpilz kuriert. Und falls Ihnen für das nächste Blutwurz Gläschen noch ein Trinkspruch fehlt, sei Ihnen dieser Schwäbische Volksspruch ans Herz gelegt: „S‘mag mir fehle, was mer will, so trink i halt mei Durmedill!

Der recht anspruchslose Spitzwegerich wächst auf fast jedem Boden, mag jedoch keine Staunässe. Foto: Pleple2000, CC BY-SA 3.0

Achtung: Der Anbau von Kräutern und Heilpflanzen zählt nur in geringem Maß zur kleingärtnerischen Nutzung gemäß der sächsischen Rahmenkleingartenordnung. Vorrang sollten immer Obst- und Gemüsepflanzen haben.

Steckbrief: Blutwurz

  • Name: Potentilla erecta, auch Tormentill, Aufrechtes Fingerkraut, Durmendill, Rotwurz oder Natterwurz.
  • Familie: Rosengewächse (Rosaceae).
  • Verbreitung: Nord- und Mitteleuropa mit gemäßigtem und borealem Klima; vereinzelt in Südeuropa in höheren Gebirgslagen und in Nordamerika (vermutlich eingeschleppt) zu finden.
  • Standort: leicht saure, nährstoffärmere, trockene bis wechselfeuchte Böden im Halbschatten.
  • Aussehen: krautige Pflanze mit Rhizomen; dreizählige gezackte Blätter; rund 1 cm große vierblättrige gelbe Schalenblüten.
  • Essbarkeit: ungiftig; verwendet wird jedoch nur das Rhizom.
  • Verwendung: Heil- und Färbepflanze; als Tee, Tinktur oder Schnaps/Likör.
  • Wirkung: antibakteriell, entzündungshemmend, adstringierend.
  • Anwendung: bei Magen-Darm-Beschwerden, unspezifischen Durchfällen, Entzündungen im Mund- und Rachenraum, starker Menstruationsblutung, Entzündungen und Verbrennungen der Haut.
  • Darreichung:  getrocknet und zerkleinerter Wurzelstock; als Tee, Tinktur oder Schnaps.

Unsere Rezeptecke:

Blutwurz-Tee
Einen Teelöffel getrocknete und kleingeschnittene Blutwurz-Wurzel mit einer Tasse kaltem Wasser in einen kleinen Topf geben und zum Kochen bringen. Ansatz kurz aufkochen (nicht länger als 5 Minuten) und sofort abseihen. Bei leichtem Durchfall zwei- bis dreimal täglich eine Tasse trinken. Bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum zum Gurgeln oder Spülen nutzen. Achtung: Nicht länger als wenige Tage anwenden, um eine zu starke Austrocknung der Schleimhaut zu verhindern.

Blutwurz-Tinktur
Getrocknete Blutwurz-Wurzel kleinschneiden und bis zu etwa einem Drittel in ein Schraubglas füllen. Dieses mit klarem Alkohol mit mindestens 70 Volumenprozent füllen und den Blutwurz gut bedecken. Glas verschließen und die Mischung rund sechs Wochen an einem dunklen Ort ziehen lassen, dabei gelegentlich schütteln. Danach abseihen und in eine dunkle Tropfflasche umfüllen. Rund 20 Tropfen in ein Glas Wasser geben und bei Mund- und Rachenentzündungen zum Gurgeln oder Spülen nutzen oder bei leichtem Durchfall in kleinen Schlucken trinken. Äußerlich auch für kleine Wunden oder bei Verbrennungen anwendbar.

Blutwurz-Likör
Etwa 30–35 g getrocknete und kleingeschnittene Blutwurz-Wurzel in ein großes Schraubglas geben und mit 150 g Rohrzucker mischen. Dieses Gemisch mit 1 l hochwertigen klaren Alkohol (Korn, Wodka, etc.) übergießen und Glas verschließen. Gegebenenfalls schütteln, um Alkohol und Blutwurz-Zucker miteinander zu vermischen. Rund sechs Wochen an einem dunklen und kühlen Ort ziehen lassen, gelegentlich schütteln und anschließend abseihen. Wer will, kann dem Ansatz Rosinen, Wacholderbeeren oder Orangenschale hinzugeben. Zudem lässt sich der Geschmack durch mehr oder weniger Blutwurz und/oder Zucker variieren.