LV Sachsen Aktuell

Die Welt der Spinnen

in Artenvielfalt

Artenvielfalt im Kleingarten

(1) Die Geißelspinne gehört zu den ältesten Spinnenarten und kommt (zum Glück) nicht in unseren Breiten, sondern nur in den Tropen und Subtropen vor. (2) Feuerwanzen fallen über einen unbewachten Spinnenkokon mit Jungspinnen her. Fotos: Brumm

Die Weltbühne betraten die Spinnen im Devon vor über 400 Millionen Jahren in primitiver Form. Erste fossile Nachweise existieren aus dem Karbon 358,9 bis 298,9 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung. Zu bemerken wäre, dass die prähistorischen Spinnen noch einen Gliederschwanz besaßen und unbewegliche Spinndrüsen. Der Gliederschwanz resultiert aus ihrer direkten Verwandtschaft zu den Skorpionen.

Eine Spinne aus dieser Zeit, welche es heute noch gibt, ist die Geißelspinne (Amblypygi). Weltweit sind mehr als 200 Arten dieser Tiere bekannt, die eine Körpergröße von 10 bis 45 mm erreichen. Das natürliche Verbreitungsgebiet der Geißelspinnen sind die Tropen und Subtropen – und natürlich nicht unsere Kleingärten. Ihr flacher Körper versetzt die Geißelspinnen in die Lage, sich unter Steinen zu verstecken. Sie bewegen sich meist langsam und ertasten mit ihren Fühlerbeinen die Umgebung, häufig bewegen sie sich dabei seitwärts. Ihre Beutetiere ertasten sie mithilfe ihrer Fühlerbeine und packen dann blitzschnell mit ihren Fangzangen (umgewandelten Pedipalpen) zu.

Netze der Perfektion der heutigen Spinnen waren zu dieser Zeit noch nicht möglich, es waren wohl eher Falltüren und Erdgespinste wie bei der Sechsaugenspinne, wie wir sie heute noch in unseren Gärten vorfinden. Diese Spinne hat die Bodenbereiche als ihr Jagdrevier erschlossen, hier gehören besonders Asseln und andere Spinnen zu ihrer Beute. Meist bemerken wir diese Tiere durch ihre verborgene Lebensweise überhaupt nicht.

(1) Die Wespenspinne ist im Kleingarten ein absoluter Hingucker. (2) Die Gartenkreuzspinne ist in fast allen Gärten anzutreffen und wartet geduldig auf Beute. (3) Die Sechsaugenspinne jagt vor allem im Bodenbereich und ist nur selten zu beobachten. Fotos: (1, 3) Brumm, (2) Walter Eberl/pixelio.de

Die wohl bekannteste Spinne des Gartens ist die Gartenkreuzspinne – ihre Lebensweise spielt sich nicht im Verborgenen ab wie bei der Sechsaugenspinne. Besonders im Herbst fallen ihre großen Netze auf. Sie hat sich auf frei fliegende Insekten spezialisiert und ist einer der wichtigsten Feinde vieler Schadinsekten. Zu ihrer direkten Verwandtschaft gehören die Gehörnte Kreuzspinne, die Schilfradspinne, die Vierfleckkreuzspinne und noch viele mehr. Sie alle gehören zur Familie der echten Radnetzspinnen.

Einer der schönsten Vertreter dieser Familie ist die Wespenspinne. Diese Spinne gehört zu den Rekordhaltern beim Spinnen von Netzen, sie benötigt hierzu nur 40 Minuten. Ihr Netz hat aber auch noch eine andere Besonderheit, sie webt ein sogenanntes „Stabiliment“ in ihr Netz ein. Dieses Netzelement dient mehr der Täuschung potenzieller Beutetiere, da sie dieses Element als mögliche Landegelegenheit ansehen. Die mit etwa 17 mm Körperlänge großen Weibchen fallen mit ihrer wunderschönen Zeichnung natürlich auf, dagegen sind die Männchen mit 4 bis 6 mm eher unauffällig.

Sie haben sich in über 358 Millionen Jahren in vielen ökologischen Nischen behauptet, aber vom Speiseplan vieler anderer Tiere und auch anderer Organismen sind sie nicht verschwunden. Am angreifbarsten sind Spinnen noch im Ei oder als Jungtiere, gerade im sogenannten Kokon werden sie schnell zum Opfer für saugende Insekten. Feuerwanzen sind wirkliche Opportunisten, sie machen keinen Unterschied zwischen Pflanzensäften und den Lebenssäft en von Tieren. Selbst verstorbene Tiere werden noch ausgesaugt, und ein Spinnenkokon ist eine willkommene Abwechslung! Besonders, wenn dieser ohne Bewachung ist.

Es ist für Spinnen sicher nicht neu nach 358 Millionen Jahren auf der Erde, dass der Nachwuchs immer in Gefahr ist. Sie haben viele Strategien entwickelt, um den besten Start für den Nachwuchs zu gewährleisten. Eine davon stößt bei uns Menschen auf sehr großes Unverständnis. Die männlichen Spinnen geben in vielen Fällen nicht nur ihre Gene an die Weibchen weiter, sie dienen auch als erste Stärkung nach der Paarung. Ihr ganzes Dasein steht völlig im Zeichen des Nachwuchses, und ein gestärktes Weibchen kann den Kokon länger bewachen als ein Weibchen, welches zusätzlich noch nach Beute suchen muss. Den Kokon zu bewachen, ist eine sehr effektive Strategie, um dem Nachwuchs einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Natürlich sind hier auch Grenzen gesetzt, da es ja auch Jäger gibt, die viel größer sind als die weibliche Spinne. Aber Gelegenheitsjäger, wie unsere Feuerwanzen, haben dann keine Chance.

Beim Schlupf der Jungspinnen ist ordentlich Bewegung im Netz. Foto: Brumm

Wir sollten diese Tiere nicht mit Abscheu betrachten, sondern als unsere Helfer im Garten!

Tommy Brumm, Natur- und Gartenzentrum Westsachsen der Schreberjugend