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Waldmeister-Rauch vertreibt böse Geister

in Gartenfachberatung

Kräuterapotheke im Kleingarten

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Als der Benediktinermönch Wandalbertus im Jahr 854 in seinem Heimatkloster in Prünn den kräftigenden und wohltuenden Maiwein erstmals schriftlich erwähnte – ein Getränk mit Waldmeister, schwarzer Johannisbeere und Gundelrebe – dachte er sicher nicht daran, dass dieser noch über 1000 Jahre später für viele Menschen den Frühling und den Beginn der warmen Jahreszeit einläuten würde. Heute hat Wandalbertus Maiwein einen anderen Namen und ein paar Zutaten weniger, der angenehme Geschmack des Waldmeisters ist der heutigen Maibowle jedoch geblieben.

Der Waldmeister (Galium odoratum oder auch Asperula odorata L.) gehört im April und Mai zu den ersten essbaren Kräutern und verströmt seinen typischen Geruch in Laubwäldern und Kleingärten. Dieser entsteht durch das enthaltene Cumarin, welches sich jedoch erst beim Antrocknen der Blätter bildet. Deswegen soll der Waldmeister für die Maibowle vor der Verwendung auch über Nacht angetrocknet werden. Wem das zu lange dauert, der kann dem Kraut einen Abstecher ins Kühlfach gönnen. Denn auch durch Einfrieren wird Cumarin gebildet, und der „Meister des Waldes“ kann schneller verwendet werden.

Sammler finden den Waldmeister am einfachsten in schattigen Laubwäldern, er kann aber auch im Kleingarten kultiviert werden – mittels Saatgut oder als Pflänzchen aus dem Gartenmarkt. Foto: bobby M/pixelio.de

Aber Vorsicht, Cumarin kann bei Überdosierung zu Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen und Schläfrigkeit führen. Wer den Stoff aus der Gruppe der Phenylpropanoide über längere Zeit zu sich nimmt, riskiert sogar Leberschäden. Deswegen wird Waldmeister traditionell auch nur bis zur Blüte geerntet. Die kleinen weißen Blüten sind zwar schön anzusehen, sorgen jedoch auch für einen höheren Gehalt an Cumarin, der schnell negative Auswirkungen haben kann.

Blühzeit von April bis Anfang Mai

Blütenstand des Waldmeisters mit kleinen weißen Blüten und den vier bis fünf länglichen und ebenfalls spitz zulaufenden Blütenblättern. Foto: M. E./pixelio.de

Wer Waldmeister sammeln möchte, wird oft in Laubwäldern fündig. Besonders häufig ist das Kraut in schattigen Rotbuchenwäldern und Eichen-Hainbuchenwäldern anzutreffen. Im Garten lässt sich die Pflanze ebenfalls anbauen, sie bevorzugt lockere basische Böden mit großer Nährstoff dichte. Waldmeister gilt deshalb auch als Zeigerpflanze für Lehmböden. Dank der Rhizomwurzeln breitet er sich schnell aus, wird etwa 30 bis 40 Zentimeter hoch und übersteht problemlos Frost und Kälte im Winter. Typisches Erkennungsmerkmal sind die sogenannten Scheinwirteln, bei denen sechs bis acht schmale, spitz zulaufende Blätter nebeneinander rund um den Stängel stehen.

Die kleinen weißen Blüten mit vier bis fünf länglichen und ebenfalls spitz zulaufenden Blütenblättern treten je nach Region ab April bis Anfang Mai in Erscheinung und blühen zum Teil bis in den Juni hinein. Wer Waldmeister im Garten an siedeln möchte, kann das Kraut wahlweise aussähen oder als Kräuterpflanze im Gartenfachmarkt kaufen.

Waldmeister - frische und fruchtige Getränke

Neben der aromatischen Charakteristik für Wein und Bier hat der Waldmeister auch heilende Eigenschaften. So soll er nicht nur krampflösend, sondern auch entzündungshemmend wirken. Auch eine gefäßerweiternde Wirkung wird ihm nachgesagt. Im Mittelalter verwendete man das Kraut bei Leber- und Herzleiden, als Wundauflage, bei Halsschmerzen und Verdauungsproblemen. Heute kommt der Waldmeister vor allem gegen Migräne und Kopfschmerzen zum Einsatz. Das liegt am enthaltenen Cumarin, das krampflösend wirkt und den Blutfluss verbessert und so den bohrenden Schmerz im Kopf lindern soll. Auch bei Periodenkrämpfen soll Waldmeister dadurch helfen. Eine leber- und nierenstärkende Eigenschaft soll er ebenfalls haben, ebenso bei Unruhe und Schlaflosigkeit. Allerdings sollte man den Waldmeister nicht zu hoch dosieren, da zu viel Cumarin genau jene Probleme auslösen kann, gegen die man es einsetzen möchte.

Waldmeister wird verschiedenen Getränken zugesetzt und verleiht der Berliner Weiße ihre besondere Note. Foto: Maren Beßler/pixelio.de

Die Wissenschaft hat einen Tageswert von 0,1 Milligramm Cumarin pro Kilogramm Körpergewicht als tolerierbare Menge festgelegt. Für einen Liter Waldmeisterbowle sollten daher ungefähr 3 bis 3,5 Gramm frischer Waldmeister verwendet werden. Selbst wer dann den ganzen Liter Bowle trinkt, kommt nicht über die tolerierten Mengen an Cumarin. Kopfschmerzen gibt es am Tag darauf zwar wohl trotzdem, dann allerdings nicht vom Waldmeister.

Übrigens: Wer getrockneten Waldmeister in einem Beutelchen bei sich trägt, soll vor jeglichem Schaden von außen sicher sein. Das sagt zumindest der Volksglaube. In früheren Zeiten hat man das Kraut daher zum Stroh in die Matratzen gestopft . Als sogenanntes Bettstrohkraut sollte es so Unheil von Gebärenden und Neugeborenen abhalten. Wer mit Waldmeister die Stube ausräucherte, vertrieb zudem zuverlässig böse Geister.

Achtung: Der Anbau von Kräutern und Heilpflanzen zählt nur in geringem Maß zur kleingärtnerischen Nutzung gemäß der sächsischen Rahmenkleingartenordnung. Vorrang sollten immer Obst- und Gemüsepflanzen haben.

Steckbrief: Waldmeister

  • Name: Waldmeister (lateinisch „Galium odoratum“ bzw. „Asperula odorata L.“), auch Wohlriechendes Labkraut, Maikraut, Waldmutterkraut, Herzfreund.
  • Familie: Rötegewächse (Rubiaceae).
  • Verbreitung: Europa und gemäßigte Klimazone, aber auch in der Türkei, in Westsibirien, China und Korea.
  • Standort: halbschattig bis schattig; frische, lockere basenreiche Böden mit hoher Nährstoffdichte.
  • Aussehen: winterharte krautige Pflanze mit sechs bis acht in Scheinwirteln rund um den Stängel angeordneten schmalen, spitz zulaufenden Blättern; kleine weiße vier- bis fünfblättrige Blüten mit schmalen, spitz zulaufenden Blättern.
  • Essbarkeit: alle oberirdischen Pflanzenteile sind essbar; verwendet wird jedoch nur das Kraut vor der Blüte.
  • Verwendung: Heilpflanze; als Tee, in Getränken, in Duftsäckchen und als Tinktur.
  • Wirkung: entzündungshemmend; krampflösend; gefäßerweiternd; schmerzlindernd; beruhigend; leber- und nierenstärkend.
  • Anwendung: bei Migräne und Kopfschmerzen, bei Verdauungsproblemen, bei Unruhe und Schlaflosigkeit, bei Periodenschmerzen.
  • Darreichung: getrocknet oder frisch als Tee oder Tinktur zur inneren Anwendung sowie als Zusatz in Wein und Bier.

Unsere Rezeptecke:

Waldmeister-Tee
1 Teelöffel frisches (am besten über Nacht antrocknen lassen oder für zwei Stunden ins Gefrierfach legen) oder getrocknetes Waldmeisterkraut mit 250 ml kochendem Wasser übergießen. Etwa 10 Minuten abgedeckt ziehen lassen und warm in kleinen Schlucken trinken. Wirkt gegen Kopfschmerzen, Krämpfe und Migräne sowie bei Unruhe und Schlafproblemen. (Beachten Sie bitte die maximale Verzehrmenge von Waldmeister.)

Waldmeister-Tinktur
10 g frischen, jedoch leicht angewelkten (siehe oben) Waldmeister in ein Schraubglas geben und mit 50 ml Alkohol übergießen (am besten 40 bis 60 Prozent oder Primasprit). Gefäß zuschrauben, gut schütteln und sieben Tage an einem warmen Ort ziehen lassen. Anschließend die Mischung durch ein Sieb abseihen und die Tinktur in eine braune Flasche umfüllen, um sie vor Licht zu schützen. Pro Tag können bis zu 15 Tropfen vermischt in Wasser oder Tee eingenommen werden, alternativ auf einem Stück Würfelzucker. Wirkt Krampf lösend und gegen Kopfschmerzen, Unruhe und Schlaflosigkeit. (Beachten Sie bitte die maximale Verzehrmenge von Waldmeister.)

Mai-Bowle
Etwa 10 bis 12 frische Waldmeister-Zweige sammeln und über Nacht trocknen lassen. Eine Bio-Zitrone in Scheiben schneiden, in ein Glas oder einen Becher geben und mit etwas Weißwein bedecken. Angetrockneten Waldmeister zu einem Sträußchen zusammenbinden und „kopfüber“ in das Zitronen-Wein-Gemisch hängen, sodass die Blätter des Krauts gut bedeckt sind. Waldmeister 45 bis 60 Minuten ziehen lassen und dann entfernen. Mischung rund eine weitere Stunde ohne Waldmeister ziehen lassen, dann in einen Krug umschütten und mit rund 1,5 Liter Weißwein und einem Liter Sekt auffüllen. Bei Bedarf mit etwas Zucker süßen. Gekühlt mit einer Scheibe Zitrone und einem Zweig frischen Waldmeister servieren. Alternative ohne Alkohol: Statt Wein und Sekt einfach Apfelsaft und Mineralwasser verwenden.

Carmen Kraneis