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Vom Gnadengarten bis zu Terra Preta | KGV “Flora I” Dresden

in Verbände & Vereine

Stadtverband „Dresdner Gartenfreunde“ e.V.

Von ps

3 Min. Lesedauer

25. Bundeswettbewerb „Gärten im Städtebau“ 2022
Wer die KGA „Flora I“ in der Dresdner Bergmannstraße betritt, kann nicht nur die Vegetation in den insgesamt vier Teilanlagen betrachten, sondern entdeckt gleich mehrere „Floren“ – wenn wir dies an dieser Stelle als selbst gebildete Mehrzahl des Begriffes Flora gelten lassen wollen. Denn als Flora werden laut Wikipedia auch Verzeichnisse genannt, in denen die Pflanzenwelt eines Gebietes aufgelistet wird. Diese Bedeutung ist vermutlich sekundär aus der Bedeutung „Pflanzenwelt einer bestimmten Region“ entstanden, heißt es weiter.

Eine Gnade der Natur für viele Wildpflanzen und Insektenarten

So konnten die Mitglieder der Jury im 25. Bundeswettbewerb „Gärten im Städtebau“ gleich zu Beginn ihrer Begehung einen bunt blühenden Wildkräuterstreifen entdecken, noch bevor sie den ersten Kleingarten in Augenschein nahmen. Dieser schmale Streifen am Rande des Weges war zuvor eine Wiese und wurde von der Künstlerin Ulrike Mohr in einen „Gnadengarten“ verwandelt. Hier gedeihen dank der Gnade der Natur auch jene Pflanzen von Ampfer über Fingerhirse und Garten-Melde bis zu Weidenröschen und Winde, die ansonsten in einem „richtigen“ Kleingarten kaum zu finden sind. Hin und wieder muss jedoch auch hier der Mensch eingreifen, damit die zu wüchsigen Pflanzen die anderen nicht zu sehr verdrängen, jedoch ist das Areal weitgehend sich selbst überlassen und bietet mit seiner bunten Mischung eine artenreiche Blühwiese für Insekten.

(1) Gleich am Eingang zur KGA befindet sich ein „Gnadengarten”, der Wildpflanzen eine Chance lässt und Insekten Futter bietet. (2) Bundesgartenfachberater Thomas Kleinworth war von diesen Hinweisscheiben auf anfallende Gartenarbeiten, Pflanzenschädlinge und -krankheiten begeistert. Fotos: ps

Nur wenige Schritte weiter befindet sich die Parzelle 3 von Nana Petzet, die das Kunsthaus Dresden als Außenstelle gestaltet hat. Auf sächsischem Pläner wurden mit Unterstützung von Gartenfreundinnen die Samen von zunächst 17 seltenen die Trockenheit liebenden Wildpflanzen des Elbhügellandes an verschiedenen Hanglagen angesiedelt, die auf der Roten Liste bedrohter Pflanzenarten verzeichnet sind. Unterstützung gaben dabei neben den Gartenfreunden, die die Pflanzen anzogen und die Trockenmauer errichteten, auch das Umweltamt und das Umweltzentrum Dresden sowie der Botanische Garten. Im Kunstpavillon gibt es inzwischen bereits die vierte Ausstellung.

Und gleich nahe dem Vereinsheim finden die Besucher seit Kurzem auf einer vormaligen Brachfläche neben dem Geräteschuppen des Vereins einen Stinsengarten, für den das friesische Wort „Stins“ (Haus aus Stein) der Namenspate ist. Es gab jenen verwilderten Zierpflanzen ihren Namen, die rund um Herrenhäuser, Klöster, Parkanlagen oder Friedhöfe anzutreffen sind. Diese Pflanzen weisen oftmals lediglich darauf hin, dass an jener Stelle einst ein längst untergegangenes Gebäude gestanden hatte. Zu diesen Stinsenpflanzen gehören beispielsweise Krokus, Winterling, Lerchensporn und Milchstern.

Der neu angelegte Stinsengarten zeigt nicht nur besondere Pflanzen, sondern verschönt vor allem das Areal rund um den Geräteschuppen des Vereins. Foto: ps

Mehrere Kunstprojekte im KGV mit Blick auf das Jahr 2025

Im Zuge der Bewerbung von Dresden als Europas Kulturhauptstadt 2025 hat sich der Verein zunehmend künstlerischer Vorhaben angenommen. Darüber hinaus entstand auf einer weiteren Parzelle eine Arbeit des international bekannten Konzeptkünstlers Olaf Holzapfel unter dem Titel „Arena“. Und gleich im Eingangsbereich zur KGA steht ein bunt bemalter „Kunstautomat“, der gegen einen Obolus kleine Kunstwerke „ausspuckt“. Als ein besonderer Höhepunkt im Vereinsleben hat sich in Zeiten der Corona-Pandemie der „Parzellen-Pop“ anstelle des üblichen Sommerfestes bewährt. Dabei konnten Gartenpächter und Besucher in Anlage 1 auf fünf Parzellen jeweils drei Konzerte von 20 Minuten erleben. In der Anlage 2 gab es einen musikalischen Rundgang, auf dem sieben Einzelkünstler und Bands den Vorübergehenden musikalische Miniaturen vorgetragen haben.

Traditioneller Anbau weicht zunehmend den Mischkulturen

Doch natürlich wird in den über 225 Kleingärten des Vereins, der mehr als 350 Mitglieder zählt, vor allem auch Gemüse und Obst für den Eigenverbrauch angebaut. An der unterschiedlichen Gestaltung der Beete ist zu erkennen, dass sich altersbedingt auch in der Flora ein Generationswechsel vollzieht. Die traditionell rechteckig gehaltenen Beete sind bei der Gartengestaltung inzwischen Doch natürlich wird in den über 225 Kleingärten des Vereins, der mehr als 350 Mitglieder zählt, vor allem auch Gemüse und Obst für den Eigenverbrauch angebaut. An der unterschiedlichen Gestaltung der Beete ist zu erkennen, dass sich altersbedingt auch in der Flora ein Generationswechsel vollzieht. Die traditionell rechteckig gehaltenen Beete sind bei der Gartengestaltung inzwischen auf dem Rückzug und weichen den Mischkulturen, deren üppiges Wachstum dem Beikraut kaum eine Chance lässt, das Mulchen der (noch) frei gebliebenen Flächen tut ihr Übriges. Und in der neu angelegten Teilanlage „Aronia“ ist der ökologische Anbau sogar in der Gartenordnung verankert.

Diese beiden völlig unterschiedlich gestalteten Kleingärten  „verraten“ das Alter ihrer Nutzer – hier traditionell gerade angelegte Beete (li.), dort eine üppige Mischkultur, die Beikräutern weder Raum noch Luft lässt (r.). Fotos: ps

Klar erkennbar ist, dass die jüngeren Nachpächter solchen neuen Ideen sehr aufgeschlossen gegenüberstehen und mit ihrer Begeisterung auch so manchen „alten Hasen“ mitreißen. Und natürlich sind vor allem die Mädchen und Jungen der benachbarten Grundschule begeistert, dass sie im Schulgarten selbst Gemüse anbauen, Beerenobst naschen und die Natur mitten in der Stadt entdecken können. Stellvertretend für ihre Mitschüler berichteten die Geschwister Arthur (1. Klasse) und Helena (4. Klasse), wie sie im Sachkunde- und Kunstunterricht im Rahmen eines Projektes Äpfel gemalt, einen Apfelkuchen gebacken und natürlich verkostet sowie Ohrwurmhotels gebastelt und an den Bäumen aufgehängt haben. Die Viertklässler haben aus benutzten Blechdosen und Tetrapacks allerlei nützliche Dinge wie Vogelhäuser und Nistkästen angefertigt und somit dem Müll ein zweites Leben geschenkt. Dem Lernen und der Weiterbildung nicht nur der Gartenfreund:innen dienen auch neu angefertigte Schautafeln, die beispielsweise über die anfallenden Gartenarbeiten sowie auft retenden Pflanzenschädlinge und -krankheiten in bestimmten Jahreszeiten informieren.

Herstellung von „Terra Preta“ für den Schwarze-Erde-Garten

Neues Leben entsteht beim Pyrolyse-Projekt im Schwarze-Erde-Garten der Anlage: Dafür sammeln und zerkleinern die Kleingärtner:innen alle beim winterlichen Obstbaumschnitt anfallenden Äste auf der für den Projektgarten vorgesehenen Parzelle. Ein Holzlager wurde gebaut, in dem das Holz ein Jahr lang trocknen muss, und ein Platz für den Konkiki-Pyrolyseofen eingerichtet. In der darin erzeugten Holzkohle soll klimaschädliches CO2 dauerhaft gebunden werden. Die zermahlene und mit Nährstoff en angereicherte Pflanzenkohle wird zur Herstellung von schwarzer Erde (Terra Preta) verwendet werden. Die Anreicherung der Nährstoffe soll über Pflanzenjauchen, effektive Mikroorganismen und Komposte erfolgen. Für die Arbeit mit dem Kompost haben die Kleingärtner:innen einen solarbetriebenen Kompostdämpfer angeschafft. Alle notwendigen Schritte werden auf der Parzelle nicht nur demonstriert, sondern sollen auch auf Schautafeln erklärt werden. Fachlich begleitet wird dieses Vorhaben von wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen der Technischen Universität und von den Technischen Sammlungen Dresden.

(1) Im Schwarze-Erde-Garten werden die Äste vom Obstbaumschnitt gesammelt und im Pyrolyseofen in Pflanzenkohle verwandelt, die dann noch mit Nährstoff en angereichert werden muss. (2) Seit diesem Frühjahr gedeihen auf den Versuchsbeeten im Schwarze-Erde-Garten die ersten Gemüsekulturen und Gartenkräuter. Die Jury sah gesunde und kräftige Pflanzen von Kartoffeln bis Zwiebeln, die üppig heranwachsen. Fotos: ps

Im Rahmen von Pyrolysefesten wollen die Wissenschaftler:innen und Gartenfreund:innen die Idee, die bereits mit dem EKU-Zukunftspreis des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft ausgezeichnet worden ist, bekannter machen und andere Kleingärtner:innen zur Nachahmung anregen. Die positiven Wirkungen von Terra Preta auf Gemüsepflanzen werden seit diesem Frühling erstmals auf eigens angelegten Versuchsbeeten gezeigt und haben die Juroren sichtlich beeindruckt: Die verschiedenen Kulturen von Kartoffeln über Kohlrabi, Kohl und Salat bis zu Kräutern, Tomaten und Zwiebeln sind bestens herangewachsen – und Bundesgartenfachberater Thomas Kleinworth konnte selbst nach intensiver Suche weder Kartoffelkäfer noch andere Pflanzenschädlinge entdecken. „Die KGA Flora I trägt ihren Namen vollauf zu Recht“, konstatierte er nicht nur wegen des eindrucksvollen Schwarze-Erde-Gartens nach dem Rundgang der Jury.

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