Mystische Mistel ist auch ein Schmarotzer
Altes Gartenwissen und Gärtnerweisheiten
Von Erik Behrens, Gartenfachberater
Der Kult um die Mistel begann schon in vorchristlicher Zeit. So beschreibt der griechische Philosoph Theophrastus (ca. 372– 287 v. Chr.), ein Schüler von Aristoteles, dass die Druiden, die die Priester, Lehrer und Richter der Kelten waren, die Misteln mit goldenen Sicheln von den Eichen geschnitten hätten. Sie sollten Krankheiten heilen, die Fruchtbarkeit erhöhen und gegen Hexenwerk wirken. Mit dem „Goldenen Zweig“ konnte sich außerdem das Tor zur Unterwelt öffnen lassen.
Auch in der germanischen Sagenwelt spielte die Mistel eine große Rolle. Wenn keltische Kämpfer im Wald unter Misteln aufeinandertrafen, mussten sie bis zum nächsten Tag einen Waffenstillstand vereinbaren. Der römische Dichter Vergil (70–19 v. Chr.) und der Gelehrte Plinius der Ältere (23–79 n. Chr.) bestätigten das Brauchtum mit dieser geheimnisvollen Pflanze. Im Christentum wurde die Mistel zu einem Symbol des Friedens. Der Sage nach soll aus ihrem Holz das Kreuz Christi gemacht worden sein. Aus Scham darüber sei der Baum eingetrocknet, um sich in eine Pflanze zu verwandeln, die allen Gutes bringt.
Aufgrund ihrer starken Symbolik wurde die Mistel wohl auch zur Weihnachtspflanze, zunächst im angloamerikanischen Raum und heute auch hierzulande. Deshalb wird die Mistel heutzutage bergeweise zu Weihnachten von den Bäumen geholt, um sie über die Türen zu hängen. Küsst sich ein Pärchen zu Weihnachten unter dem Mistelzweig, so galt der Kuss noch im vorigen Jahrhundert als ein Heiratsversprechen. Vergessen wird aber oft , dass der Zweig bis zur zwölften Nacht, also bis zum Tag der Heiligen Drei Könige, verbrannt werden muss. Sonst wird es nichts mit der Heirat.
Heute wünscht man sich in Abwandlung dieses Brauches zum Weihnachtsfest viel Glück und ein langes Leben – dank der Druiden.
Bekannt wurde die Wunderkraft der Mistel auch aus den „Asterix“- Comic-Heften. Dort ist sie ein wichtiger Bestandteil für den Zaubertrank des Druiden Miraculix.
(1) Die Mistel wurzelt nicht in der Erde, sondern entzieht als Aufsitzerpflanze ihrem Wirt Nährstoffe und Wasser, ohne jedoch größeren Schaden anzurichten. (2) Die Beeren der Misteln werden gerne von Vögeln gefressen, sie sind für uns Menschen aber giftig. Fotos: Sylvia-Verena Michel, Günter Havlena/Pixelio
Verschiedene & spezialisierte Mistelarten
In der Naturheilkunde haben Mistelextrakte besondere Bedeutung als tumorhemmendes Mittel. In der Schulmedizin werden sie zur ergänzenden Krebstherapie und gegen Bluthochdruck eingesetzt.
Kurz zu den interessanten botanischen Eigenschaften: Die immergrüne Mistel mit ihren gabeligen Zweigen und den weißen, fast durchscheinenden Beeren, ist ein Halbparasit, der nicht in der Erde wurzelt. In der Natur, zuweilen auch im Garten, wachsen die Misteln als Aufsitzerpflanzen auf Bäumen.
Anders als sonstige Aufsitzer (Epiphyten) entziehen sie ihrem Wirt Wasser und Nährstoffe, richten allerdings selten größere Schäden an. Es gibt verschiedene Arten, die auf bestimmte Bäume spezialisiert sind. Das sind die Laubholzmistel (auf Pappel, Weide und Apfelbaum), die Tannen- und Kiefernmistel und die verwandte gelbfrüchtige Eichenmistel. Die Beeren werden gern von Vögeln gefressen, sind aber für Menschen giftig.
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