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Baldrian – für Katzen beileibe kein “Stinkwurz”

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Den markanten Geruch von Baldrian erkennt man oft sofort. Nicht ohne Grund wird die Heilpflanze, die durchaus bis zu zwei Meter hoch werden kann, auch Stinkwurz genannt. Dabei wirkt der Echte Baldrian (Valeriana officinalis), auch Großer Baldrian oder Arzneibaldrian genannt, auf viele Menschen beruhigend und einschläfernd.

Auf Katzen hat er hingegen eine gänzlich andere Wirkung. Samtpfoten reagieren auf ihn geradezu ekstatisch und fast wie im Rausch. Was wir als unangenehm und eher stinkend wahrnehmen, ist für Katzen ein Wohlgeruch. Zwar ist noch nicht gänzlich geklärt, was Baldrian bei Katzen tatsächlich auslöst, es wird jedoch davon ausgegangen, dass das enthaltene Alkaloid Actinidin einem Pheromon ähnelt, mit dem die Vierbeiner ihre Paarungsbereitschaft signalisieren.

Katzen spielen gern mit Gegenständen, die nach Baldrian riechen. Foto: Steffi Pelz/pixelio.de

Ist Baldrian mehrjährig?

Neben Actinidin enthält der Baldrian verschiedene ätherische Öle wie Valerensäure und Isovaleriansäure sowie Bornylacetat und Bornylisovalerianat. Letztere sind auch für den ty ischen Baldrian-Geruch verantwortlich. Die Wirkung des Baldrians wird hingegen durch das Flavonoid Linarin verursacht, das im menschlichen Organismus sedierende Eigenschaft en entfaltet. Erkennen lässt sich Echter Baldrian am gefiederten Laubblatt mit bis zu 23 paarweise angeordneten, spitz zulaufenden und grob gesägten eilanzettähnlichen Blättern. Die weißen bis leicht rosa Blüten in Form einer Schirmrispe weisen fünf Läppchen auf, die leicht nach außen geklappt sind. Die Pflanze ist weit verbreitet und kommt nicht nur in Europa, sondern auch in Sibirien, Westasien, China, Korea und Japan vor. Baldrian bevorzugt feuchte Böden und ist daher oft auf sonnigen oder halbschattigen Standorten auf Wiesen nahe am Gewässerrand zu finden. Durch seine Beständigkeit gegen Fröste übersteht er auch Kaltphasen und treibt im nächsten Jahr wieder aus.

(1) Der Stubentiger fühlt sich auch auf dem Balkon im Baldrian-Blumentopf „pudelwohl“. (2) Baldrian soll für den Menschen beruhigend wirken. (3) Baldrianpfl anzen sind oft auf feuchten Wiesen in der Nähe von Gewässern anzutreffen. Fotos: dokri/Jörg Klemme/Oliver Arndt – Alle pixelio.de

Welche Heilkraft hat Baldrian?

In der Heilkunde wird Baldrian gegen Stress, Unruhe und Angstzustände eingesetzt, aber auch bei Schlafproblemen, zur Beruhigung und bei Schmerzen. Verwendet wird der unterirdische Wurzelteil, der getrocknet und dann zerkleinert oder gemahlen wird. Wie das Kraut genau wirkt und welche Inhaltsstoffe für die von vielen als positiv empfundenen Effekte verantwortlich sind, ist noch nicht gänzlich geklärt. Wie bei vielen Heilkräutern ist die Wirkung zudem umstritten.

In der Medizin wird Baldrian daher oft mit anderen Stoffen mit ähnlichen Eigenschaften kombiniert, zum Beispiel mit Hopfen, Melisse, Lavendel oder Passionsblume. Gerade in Kombination mit Hopfen soll Baldrian besonders schlaffördernd wirken, da die Bestandteile des Hopfens dem körpereigenen Schlafhormon Melatonin ähneln. Diese Präparate finden sich nicht nur in Apotheken und Reformhäusern, sondern häufig auch in Drogerien, zum Beispiel als Tees, Tinkturen oder Sprays.

Die beruhigenden Eigenschaften kommen zudem in Duftsäckchen, Badezusätzen und Ölen zum Einsatz. Generell gilt Baldrian als gut verträglich und ist für die langjährige Anwendung geeignet. Als Nebenwirkungen können jedoch Übelkeit, Benommenheit und Müdigkeit auftreten. Seien Sie nach dem Verzehr von Baldrianprodukten daher vorsichtig im Straßenverkehr. Auch wird Baldrian nicht für den Dauereinsatz empfohlen. Bei länger andauernden Schlafproblemen, Ängsten, innerer Unruhe und ähnlichen Beschwerden sollten Sie daher einen Arzt aufsuchen.

(1) Auch Schwebfliegen besuchen die Baldrian-Blüten regelmäßig. (2) Die Raupen des Baldrian-Scheckenfalters ernähren sich von den Blättern des Kleinen Baldrians. Fotos: Walter Frehner/Walter Eberl – Beide pixelio.de

Baldrian: Brauchtum & Volksglaube

Der Baldrian hat jedoch nicht nur eine lange Geschichte in der Volksmedizin, sondern kam auch in der Kunst zu ein wenig Berühmtheit – wenn auch eher ungewollt. Denn einige Künstler des Mittelalters und der Renaissance malten das Kraut in ihre Bilder, um mit der Pflanze die Indische Narde darzustellen, aus der man früher ein wohlriechendes und äußerst wertvolles Öl gewonnen hat. Mit diesem kostbaren Nardenöl habe Maria, die Schwester Martas, laut Johannes, Kapitel 12, während der Salbung von Bethanien die Füße von Jesus gesalbt. Dadurch stand das Öl in der damaligen Kunst für das Leiden und Sterben des Gottessohnes. Da die wenigsten Künstler jedoch je mals eine Indische Narde zu Gesicht bekommen hatten, bedienten sie sich beim Baldrian und malten diesen statt des unbekannten Krauts.

Kurios geht’s auch im Volksglauben zu. Ein Büschel Baldrian im Zimmer soll nicht nur vor dem Bösen schützen, sondern auch anzeigen, wenn eine Hexe den Raum betritt. Ist das der Fall, soll sich das Büschel wie von Zauberhand zu bewegen beginnen. Zu sanftmütigen Scharfrichtern wurde in früheren Zeiten hingegen zum Kauen der Baldrianwurzel geraten. Da man davon ausging, dass dieser Zorn auslöse, sollte so dafür gesorgt werden, dass der zartbesaitete Mann weniger Mitleid mit dem Verurteilten empfand und besser seinem Handwerk nachgehen konnte.

Achtung: Der Anbau von Kräutern und Heilpflanzen zählt nur in geringem Maß zur kleingärtnerischen Nutzung gemäß der sächsischen Rahmenkleingartenordnung. Vorrang sollten immer Obst- und Gemüsepflanzen haben.

Steckbrief: Baldrian

  • Name: Valeriana officinalis, auch Stinkwurz oder Katzenkraut genannt.
  • Familie: Geißblattgewächse (Caprifoliaceae).
  • Verbreitung: in fast ganz Europa sowie in Westasien verbreitet; auch in China, Sibirien, Korea und Japan zu finden.
  • Standort: sonnige bis halbschattige feuchte Böden; oft auf Wiesen in Gewässernähe zu finden.
  • Aussehen: krautige Pflanze mit Rhizomen; hohler rippiger Stängel mit schirmrispigen weißen bis rosafarbenen Blüten mit fünf abgeklappten Läppchen; gefiederte, spitz zulaufende, eilanzettförmige Blätter.
  • Essbarkeit: Alle Pflanzenteile sind essbar und ungiftig; verwendet werden in der Regel die unterirdischen Pflanzenbestandteile (Baldrianwurzel).
  • Verwendung: Heil- und Duftpflanze; als Tee, Tinktur, Duftsäckchen oder Badezusatz; Blätter als Salatzugabe essbar (vor der Blüte ernten).
  • Wirkung: beruhigend, sedierend, schlaffördernd, gegen Angstzustände und innere Unruhe sowie bei Stress.
  • Anwendung: als Tee oder Tinktur bei Schlafproblemen und Einschlafbeschwerden, Unruhe, Stress und Angstzuständen; äußerlich angewendet als Badezusatz oder Tinktur gegen Schmerzen und Unruhe.
  • Darreichung: getrocknet als Tee; als Tinktur zur inneren und äußeren Anwendung; als Badezusatz.

Unsere Rezeptecke:

Baldrian-Tee
Etwa 10 Teelöffel der getrockneten und zerkleinerten Baldrianwurzel mit 10 Tassen Wasser mischen und ca. eine Stunde abgedeckt ziehen lassen. Danach die Teemischung aufkochen und 10 Minuten auf kleiner Flamme abgedeckt köcheln. Gemisch im Topf abgedeckt an einen kühlen Ort stellen und noch einmal rund 10 Stunden ziehen lassen. Sud nun in eine Flasche abseihen und kühl lagern. Vor dem Zubettgehen eine Tasse trinken, vorzugsweise kalt oder nur leicht erwärmt, nicht noch einmal erhitzen.

Baldrian-Tinktur
Für eine Tinktur die getrockneten und zerkleinerten Baldrianwurzeln in ein Schraubglas geben und mit hochprozentigem klarem Alkohol (etwa 45 bis 50 Volumenprozent) übergießen, bis alle Stücke gut bedeckt sind. Glas verschließen, gut schütteln und bei Zimmertemperatur zwei Wochen ziehen lassen. Dabei gelegentlich schütteln. Mischung nun in eine dunkle Flasche abseihen und kühl aufbewahren. 1 bis 2 Teelöffel am Abend können beim Einschlafen helfen. Äußerlich als Einreibung aufgetragen kann die Tinktur bei Muskel- und Nervenschmerzen Linderung verschaffen.

Baldrian-Badezusatz
100 Gramm der getrockneten und zerkleinerten Baldrianwurzel mit 3 Litern Wasser aufkochen und etwa 15 Minuten ziehen lassen. Danach die Mischung abseihen und zum Badewasser geben. Hilft bei Muskelverspannungen und Schmerzen und wirkt beruhigend und schlaffördernd.

Carmen Kraneis